Installation an der Steinbrücke in Prizren während des DokuFests 2015.

Installation an der Steinbrücke in Prizren während des DokuFests 2015.

Achtzehn sind geladen, zehn sind gekommen … So sieht die Bilanz der Fortsetzung des EU-Projekts „Balkan Onions“ aus. RomaTrial e.V. hat 18 junge Menschen zur Fortsetzung des EU-Projekts „Balkan Onions“ vom 30.10. bis 07.11. nach Berlin eingeladen. Ein an sich gewöhnlicher Jugendaustausch entpuppte sich als Prüfstein für den Umgang deutscher Behörden mit (Roma-)Jugendlichen aus dem Kosovo: Während das FilmFestival Cottbus, das DokuFest in Prizren, Kosovo, und andere Akteure aus dem Kultursektor sie und ihre filmischen Leistungen wertschätzen, hegt die deutsche Botschaft offenbar erhebliche Vorbehalte gegen die jungen Filmschaffenden: Sie erfand absurde Gründe, um die Einreise nach Deutschland zu verhindern. Nicht zufällig wurde also das Motto des diesjährigen DokuFests in Prizren gewählt: „I love visa“.

Motto des diesjährigen DokuFests

Motto des diesjährigen DokuFests

Die „Balkan Onions“, ein transkulturelles Team aus dreißig jungen Filmemacher*innen und Filminteressierten vom RomaTrial e. V., der filmArche und vom kosovarischen Verein Durmish Aslano, nahmen im August 2015 in Prizren, Kosovo, die Herausforderung an, in nur zwei Wochen eigene, durch lokale Themen inspirierte Kurzfilme zu produzieren. Diese werden am 5. November im Rahmen des FilmFestivals Cottbus erstmals der deutschen Öffentlichkeit vorgestellt – unter Teilnahme von zehn Jugendlichen aus dem Kosovo, die das Glück hatten und ein Tag vor der geplanten Einreise doch noch ein Visum zu erhalten. Die Ablehnung acht weiterer Jugendlicher war offensichtlich unbegründet – so beispielsweise die Behauptung, nur ein Teil der Teilnehmenden hätte nachgewiesen, dass ihr Aufenthalt durch die EU-Mittel des Erasmus+ finanziert wird (dies trifft nicht zu), oder dass ihre familiäre Bindung im Kosovo zu gering wäre. Wir fragen uns: Welche stärkere familiäre Bindung kann es geben, als eigene Eltern der teils minderjährigen Teilnehmer*innen, die im Kosovo leben? Und wie kann es sein, dass bei Geschwistern bei einem positiv, bei anderem negativ entschieden wurde? Wir empfanden die Vorgehensweise der Botschaft als willkürlich und ungerecht.

Mit Migration nach Deutschland und Diskriminierung von Roma, aber auch mit Abschiebungen in den Kosovo, mit Konfrontationen zwischen alten Traditionen und neuer Generation der Roma-Community in Prizren, sowie mit dem Kampf von jungen Roma für eine bessere Bildung und Zukunft setzen sich auch  die Kurzfilme mit den Namen Enough, In Between, O Premiera, Ribashkimi/Reunion, und Ten Years Older auseinander. Dadurch, dass viele Kolleg*innen aus Prizren Roma-Herkunft haben und in Terzi Mahala, einem der ältesten Roma-Vierteln Europas leben, ist die präsentierte Sichtweise frisch und authentisch.

Balkan Onions Screening findet am 05.11. um 19:30 Kammerbühne des Staatstheaters Cottbus statt

Balkan Onions Screening findet am 05.11. um 19:30 in der Kammerbühne des Staatstheaters Cottbus statt

Neben der Präsentation der eigenen Filme in Cottbus nehmen die „Balkan Onions“ ebenfalls an einer Herbst-Filmschule in Berlin teil, die ähnlich wie im Sommer im Kosovo die Tatsache nutzt, dass Produktion und Vertrieb von Film noch nie so schnell und günstig wie heute war und vor allem denjenigen die Möglichkeit gibt, ihre Geschichte zu erzählen und ihre Sichtweisen darzustellen, die bisher in der europäischen Medienlandschaft stark unterrepräsentiert waren. Wir zielen darauf ab, dass die beteiligten jungen Menschen Medien nicht nur konsumieren, sondern aktiv gestalten. Davon, dass unsere Bemühung Früchte trägt, kann sich jede und jeder am 5. November mit eigenen Augen in Cottbus überzeugen.

Der Name der Gruppe greift mit Augenzwinkern das Projekt „BIO-KNOBLAUCH ROMANES – ein nachhaltiges ökosoziales Zukunftsprojekt für Roma in Europa“ auf, im Rahmen dessen Berliner Roma-Schüler*innen, „die nicht genügend schulische Vorerfahrung und Sprachkenntnisse mitbringen“ würden, „um einen regulären Schulabschluss in Deutschland zu erlangen“, durch Pflanzung von Bio-Knoblauch „frühe alternative berufliche Perspektiventwicklung erreichen sollten.

Wir sagen:  Knoblauch anbauen ist sicherlich eine sinnstiftende Tätigkeit, doch eigene Filme zu drehen macht uns mehr Spaß! Und wir werden sie weiterhin dazu nutzen, auf Behördenwillkür, auf Diskriminierung und Ungleichheit im Bezug auf Roma in ganz Europa aufmerksam zu machen.

Screening BALKAN ONIONS
Enough, In Between, O Premiera, Ribashkimi/Reunion, Ten Years Older
KO/DE 2015, 54 Min

Donnerstag, 5.11., 19.30 Uhr
Kammerbühne des Staatstheaters Cottbus
Wernerstraße 60
03046 Cottbus