Mein Vater hat immer gesagt: „Ach Zilli – oder Mama – die bringen ja nur die Verbrecher weg und nicht mich, ich habe ja nichts gemacht.“

Zilli Schmidt war der Ehrengast der diesjährigen Gedenkveranstaltung anlässlich der „Liquidation des sog. Zigeunerlagers in Auschwitz-Birknau“ am 2. August 1944.

Zilli Schmidt am Sinti- und Roma Denkmal, Foto: Hamze Bytyci (c) RomaTrial

Sie wurde 1924 im thüringischen Hinternah als Cäcilie Reichmann geboren, wuchs in einer Familie auf, die den Lalleri angehörte, einer zu den Sinti zählenden Untergruppe. Die Eltern waren Wandergewerbetreibende und aufgrund ihrer breiten Handels- und Dienstleistungstätigkeit ökonomisch relativ gut gestellt. Neben Instrumentenhandel und Musikdarbietungen, Hausieren mit Kurzwaren und Handwerkerarbeiten sorgte vor allem ihr Wanderkino dafür, dass die Familie, so erinnert sich Zilli Schmidt, in Dörfern und Kleinstädten meist freundliche Aufnahme fand. Dies änderte sich ab 1933. Nach und nach geriet Familie Reichmann in die Fänge von Kriminalpolizei und Rassenforschern, der den Weg in den Völkermord bereitete.

Obwohl sich die Familie durch mehrere Ortswechsel dem Zugriff zu entziehen versuchte, wurden zuerst Zilli Schmidt und später ihre Eltern, Geschwister sowie ihre 1940 geborene Tochter Gretel in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Nur Zilli Schmidt und ihre zwei Brüder überlebten. Die Nachkriegsjahre waren von Diskriminierung und zermürbenden Kämpfen um Anerkennung und Entschädigung als NS-Opfer geprägt. 1988 berichtete Zilli Schmidt erstmals im Prozess gegen den ehemaligen SS-Rottenführer Ernst-August König öffentlich über ihre Erinnerungen an Auschwitz.

(Biographie von Zilli Schmidt übernommen von: Karola Fings: Rezension zu: Sattig, Esther: Das Zigeunerlager Ravensburg Ummenwinkel. Die Verfolgung der oberschwäbischen Sinti. Berlin  2016 / Haumann, Heiko: Die Akte Zilli Reichmann. Zur Geschichte der Sinti im 20. Jahrhundert. Frankfurt am Main  2016 , in: H-Soz-Kult, 16.08.2017, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-26859>.)

In ihrer Rede am 2. August 2018 schilderte sie nicht nur, wie sie drei verschiedene Konzentrationslager überlebte und wie sie in Auschwitz ihre Eltern und ihre vierjährige Tochter verloren hat, sondern machte auch auf die aktuelle politische Situation aufmerksam, die laut ihrer Worten „nicht gut aussieht“. Wie sie betonte, hat selbst ihr Vater bis zuletzt geglaubt, dass ihre Familie in Sicherheit sei: „Ach Zilli – oder Mama – die bringen ja nur die Verbrecher weg und nicht mich, ich habe ja nichts gemacht,“ zitierte sie ihren Vater.

Die komplette Rede von Zilli Reichman anlässlich der Gedenkveranstaltung „Stille. Erinnern an die Ermordung der letzten Sinti und Roma in Auschwitz-Birkenau 1944“ am 2. August 2018 kann hier nachgelesen werden.