Doch auch in Deutschland sind Roma* und Sinti* nicht vor rassistischen Maßnahmen und antiziganistischer Hetze geschützt. Leider mussten wir im Zusammenhang mit der Pandemie gleich mehrere Fälle rassistischer Maßnahmen und Behandlung feststellen:
Von Opfern zu Hauptverantwortlichen in Göttingen
Im Juni 2020 wurden Roma-Bewohner*innen des Iduna-Hauses von der Stadt und Presse prompt für Superspreader erklärt, ihre Stimmen, dass sie im Gegenteil nicht ausreichend von den Behörden geschützt wurden und dementsprechend die Leidtragenden sind, wurden kaum gehört. Eine Ausnahme bildet dieser Tagesspiegelartikel.
Corona-Ausbruch bei Tönnies
Ebenfalls im Juni hat sich in den Tönnies-Schlachthöfen ein Corona-Hotspot gebildet – unter den Schlachter*innen aus Rumänien und Bulgarien befinden sich auch viele Roma*, die durch die rassistische Diskriminierung in ihren Heimatländern zur Arbeit unter Sklavenbedingungen in Deutschland gezwungen werden. Auch hier mussten wir beobachten: Nicht nur dass Menschenleben nicht ausreichend geschützt werden. Sie werden durch hochrangingen Staatsvertreter*innen stigmatisiert: So wie vom NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU), der die eingereisten „Rumänen und Bulgaren“ als Ursache für die Ausbreitung des Virus bezeichnete. Dass dies oft die Kodierung für Roma* ist, wird immer wieder bewiesen.
Stigmatisierung in Berlin-Neukölln
In Berlin-Neukölln entschloss sich im Juni wiederum der CDU-Stadtrat für Gesundheit, Falko Liecke, ganze Wohnhausblöcke, die mehrheitlich von Roma* bewohnt werden, pauschal unter Quarantäne zu stellen, ungeachtet dessen, wer mit wem Kontakt hatte. Dies wurde nicht mal nachverfolgt. Roma* wurden als „schwierige Bevölkerungsgruppe“ stigmatisiert, es wurde der Eindruck vermittelt, sie seien besonders undiszipliniert und unverantwortlich: „Die Überprüfung der Quarantäne ist ein Knackpunkt.“ (Zitat des Stadtrats Liecke). Bilder der Wohnhäuser mit lesbaren Adressschildern kursierten in fast allen Massenmedien, ihre Bewohner*innen fühlten sich rechtsextremen Gewalttaten ausgesetzt.
Zusammen mit der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas haben wir daher als Initiatoren des Bündnisses für Solidarität mit den Sinti und Roma Europas einen offenen Brief an Herrn Liecke geschrieben.
Deutliche Worte fand auch Estera, die sich in unserem Projekt WIR SIND HIER! engagiert und selbst direkt von der Pauschalquarantäne betroffen wurde, bei einer Demo am 12. Dezember vor dem Neuköllner Rathaus.
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