Das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti* und Roma* Europas wird aktuell durch den geplanten Bau einer S-Bahn-Linie bedroht. Wir sagen: Das Denkmal steht nicht zur Disposition!
Bedeutung des Denkmals
Zwischen 1933 und 1945 waren Roma* und Sinti* in Europa Opfer systematischer Verfolgung, Internierung und schließlich Ermordung, die von Deutschland ausging und in Berlin geplant wurde. Ab Anfang 1943 erfolgten Verschleppungen nach Auschwitz-Birkenau, wo den meisten Ankommenden ein „Z“ eintätowiert wurde. Etwa 500.000 Sinti und Roma verloren in dem verübten nationalsozialistischen Völkermord ihr Leben – in Konzentrationslagern, in Massenerschießungen oder durch Giftgas, Hunger und grausame pseudomedizinische Versuche.
Es brauchte knapp 40 Jahre nach dem Ende des NS-Regimes, bis der Völkermord an den Sinti* und Roma* 1982 durch die Bundesrepublik Deutschland anerkannt wurde. Vielen Überlebenden wurde das Recht auf moralische und materielle Entschädigung verwehrt – sie verstarben als „Asoziale“ stigmatisiert, die offiziell aus kriminalpolizeilichen Gründen verfolgt wurden.
Illustration: Damian James Le Bas
Animation: Asja Trost
Das Denkmal für die ermordeten Sinti* und Roma* Europas wurde erst 2012 nach Jahrzehnten von Bürgerrechtskämpfen eingeweiht. Für viele Überlebende und deren Nachfahren stellt es ein symbolisches Grab dar, das die Opfer nie hatten. Und für die Nachfahren der Täter*innen ist es ein Mahnmal sowie ein Ausdruck der Verantwortung nicht nur für das begangene Unrecht, sondern für die Einhaltung von Menschenrechten von Roma* und Sinti* im heutigen Europa.
Bedrohung des Denkmals
Doch dieser Ort, dessen Bedeutung sowohl für die Betroffenen, als auch für die gesamte Gesellschaft unermesslich ist, wird akut bedroht. Er soll auf Auftrag des Landes Berlin dem Bau der neuen S-Bahn-Linie S21 weichen, die den Berliner Hauptbahnhof mit dem Potsdamer Platz verbinden soll.
In mehreren geschlossenen Verhandlungsrunden haben im Jahr 2020 das Land Berlin, die Deutsche Bahn, die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas und der Zentralrat der Deutschen Sinti und Roma über den möglichen Trassenverlauf verhandelt, ohne jedoch zu einem akzeptablen Ergebnis zu gelangen.
Alleine schon das Vorhaben des Landes Berlin und der Deutschen Bahn ist ein historischer Tabubruch. Das Denkmal darf nicht zur Disposition stehen – und schon gar nicht der Nachfolgerin der Reichsbahn, die während der NS-Zeit mit Transporten von Roma*, Sinti* und anderen Opfergruppen nach Auschwitz und in andere Konzentrationslager Profit machte.
Der letzte Stand von Anfang Dezember 2020 lief darauf hinaus, dass das Denkmal untertunnelt wird, ohne dass eine 20-Meter-tiefe Baugrube direkt am Denkmal entsteht. Dies ist jedoch keine Lösung! Denn selbst bei einem Tunnelbau wird die unmittelbare Umgebung des Denkmals zerstört. Der Baumbestand ist ein unzertrennbarer Teil des Denkmalsensembles. Dies machte auch der israelische Künstler Dani Karavan in seinem Statements klar und deutlich.